Die Grundlagen unserer Arbeit

Wir bieten unsere Leistungen Menschen mit psychischen Erkrankungen und psychischen Beeinträchtigungen an.

Im Rahmen dieser Aufgabenstellung verstehen wir uns als integrativen und integrierten Bestandteil der allgemeinen Sozial- und Gesundheitsversorgung psychisch erkrankter Menschen in Tirol.

Die für unsere Klientinnen und Klienten erforderlichen Hilfen betreffen die Bereiche Wohnen, Tagesstruktur, Arbeit und Kommunikation.

Unsere Angebote …

  • sind auf die Bedürfnisse der Betroffenen ausgerichtet
  • setzen an ihren Ressourcen an
  • sind bedarfsgerecht gestaltet

Dabei orientieren sich unsere Hilfen immer an den Prinzipien der Notwendigkeit, der Zweckmäßigkeit und des ausreichenden Ausmaßes.

Unser Ziel ist es, unsere Klientinnen und Klienten dabei zu unterstützen, ein Leben so „normal“ wie möglich zu führen. Das heißt, ein der Durchschnittsbevölkerung entsprechendes Maß an Entfaltungsmöglichkeiten vorzufinden. Unsere Angebote sind daher darauf ausgerichtet, den Betroffenen und ihren Angehörigen ein höchstmögliches Ausmaß an Selbsthilfe und Lebensqualität zu ermöglichen. Fehlbetreuung, Über- und Unterversorgung sollen erkannt und vermieden werden.

Unser Handeln gründet auf den international anerkannten wissenschaftlichen Standards der Disziplinen, die am Rehabilitationsprozess beteiligt sind. Wesentliche Merkmale unserer Einrichtungen sind Gemeindenähe und hohe Standortqualität wie leichte Erreichbarkeit und Einbettung in das unmittelbare gesellschaftliche Umfeld. Kleine, flexible und anpassungsfähige Rehabilitationsangebote fördern einen vorurteilsfreien Zugang und gewährleisten Akzeptanz und Wirksamkeit.

Wir setzen uns darüber hinaus dafür ein, dass sich die Einstellung gegenüber psychischen Erkrankungen und gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen verbessert. Denn durch Stigma und Diskriminierung werden bisher nach wie vor die Behandlungsbereitschaft und Behandlungsmöglichkeiten von psychischen Erkrankungen gravierend beeinträchtigt.

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  • Das zeitgemäße Verständnis psychischer Erkrankung

    Die Ursachen und die Erscheinungs- und Verlaufsformen psychischer Erkrankungen werden heute mehrdimensional gesehen. Das mittlerweile breit anerkannte bio-psycho-soziale Modell für Gesundheit und Krankheit versucht alle isolierten Blickwinkel gleichrangig unter einem gemeinsamen Dach zusammen zu führen. Jede eindimensionale Sichtweise gilt als überholt. Unabhängig davon, ob sie sich dabei ausschließlich auf soziologische, psychologische, psychotherapeutische oder biologische Aspekte konzentriert.

    Somit steht die Psychiatrie heute auf drei Standbeinen, die – abgestimmt auf den Bedarf des einzelnen Betroffenen – zusammenwirken müssen:

    • die biologische Psychiatrie
    • die Psychotherapie
    • die Sozialpsychiatrie
  • Definition und Aufgabenbereiche der Sozialpsychiatrie

    Hans Strotzka definierte 1973 die Sozialpsychiatrie mit folgenden Worten:

    „[Sozialpsychiatrie ist] jene Wissenschaft, die sich systematisch mit der Bedeutung von sozialen, kulturellen sowie Umgebungsfaktoren in weitestem Sinn für seelische Gesundheit und Krankheit befasst. Sie bezieht dabei soziologische, sozialpsychologische und kulturanthropologische Momente sowohl in Bezug auf die allgemeine Beeinflussung der Auffassung von Gesundheit und Krankheit als auch deren Bedeutung für den Einzelnen in ihre Betrachtung ein. Sie beschäftigt sich im Besonderen mit der Diagnose, Prognose, Therapie und Vorbeugung psychischer Krankheiten in und für Gruppen von Menschen".  

    Aus dieser – heutigen – Sicht befasst sich die Sozialpsychiatrie im Wesentlichen mit folgenden Bereichen:

    • soziale und/oder berufliche Rehabilitation von Menschen mit psychischen Erkrankungen
    • Soziotherapie
    • Arbeit mit Angehörigen sowie dem sozialen Umfeld und Netzwerk
    • Förderung und Unterstützung von Selbsthilfe
    • soziale Bedingungen und Ursachen, die für das Auftreten und dem Verlauf von psychischen Erkrankungen (mit)beteiligt sind
    • soziale Folgen psychischer Erkrankungen insbesondere jene, die durch Stigma und Diskriminierung verursacht werden
    • Gemeindepsychiatrie, Versorgungsplanung und Versorgungsforschung
    • Epidemiologie psychischer Erkrankungen
    • primäre, sekundäre und tertiäre Prävention von psychischen Erkrankungen
    • Förderung von psychischer Gesundheit in der Bevölkerung
  • Definition des Begriffs "psychiatrische Rehabilitation"

    Nach zeitgemäßer Definition umfasst psychiatrische Rehabilitation alle Maßnahmen, um einen seelisch behinderten Menschen über die Akutbehandlung hinaus durch umfassende Maßnahmen auf medizinischen, schulischen, beruflichen und allgemeinen sozialen Gebiet in die Lage zu versetzen, sich eine Lebensform und Lebensstellung, die ihm entspricht und seiner würdig ist, im Alltag, in der Gemeinschaft und im Beruf zu finden bzw. wiederzuerlangen. (Definition nach Bundesgemeinschaft für Rehabilitation 1984)

    Die Definition der Vereinten Nationen lautet seit 1994:

    Der Begriff Rehabilitation bezieht sich auf einen Prozess, der darauf abzielt, dass Menschen mit Behinderungen ihr optimales physisches, sensorisches, intellektuelles, psychisches und/oder soziales Funktionsniveau erreichen und aufrecht erhalten, ihnen also Hilfestellungen zur Änderung ihres Lebens in Richtung eines höheren Niveaus der Unabhängigkeit zu geben.

    Rehabilitation kann Maßnahmen umfassen (1) zur Versorgung und/oder Wiederherstellung von Körperfunktionen oder (2) zur Kompensation des Verlustes bez. des Fehlens einer Körperfunktion oder einer funktionalen Einschränkung.

    Der Rehabilitationsprozess umfasst nicht die anfängliche medizinische Behandlung. Er umfasst ein weites Spektrum von mehr elementaren und allgemeinen rehabilitativen Maßnahmen und Handlungen bis hin zur zielorientierten Vorgehensweise, wie z.B. die berufliche Rehabilitation.

  • Zielgruppen der sozialpsychiatrischen Rehabilitation

    Aktuelle Klassifikationssysteme sehen den Gesundheitszustand eines Menschen aus dem Blickwinkel körperlicher, psychischer und sozialer Aspekte. Eine Bewertung von Gesundheit erfolgt für die einzelnen Ebenen auch mit Hilfe von sogenannten mehrachsigen Skalen*.

    Mit ihrer Hilfe ist es möglich, Menschen mit psychischen Störungen, für die eine soziale bzw. berufliche Rehabilitation zielführend ist, nachvollziehbar zu beschreiben.

    Der DSM IV* unterscheidet fünf Achsen:

    • Achse I: klinische Störungen
    • Achse II: Persönlichkeitsstörungen
    • Achse III: medizinische Krankheitsfaktoren
    • Achse IV: psychosoziale und umgebungsbedingte Belastungsfaktoren
    • Achse V: globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus

    Die Kriterien für eine soziale bzw. berufliche Rehabilitation sind gegeben, wenn eine klinische Symptomatik und/oder eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert werden (Achse I, Achse II). Zusätzlich müssen die in Achse IV beschrieben psychosozialen und umgebungsbedingten Probleme gegeben sein. Der in Achse V beschriebene Skalenwert (globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus, GAF) muss zwischen 20 bis 60 liegen.

    * vgl. z.B. das Klassifikationssystem der amerikanisch psychiatrischen Vereinigung DSM IV und das Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation ICD 10. Mehr Information zum DSM IV, mehr Information zu ICD 10)

  • Leistungen der psychiatrischen Rehabilitation

    In Österreich ist der prinzipielle Rechtsanspruch auf Rehabilitation gesetzlich festgelegt. Jede/r psychisch Kranke und jede Person, die von Behinderung bedroht ist, hat ein Recht auf Hilfe, die notwendig ist, um …

    • die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern.
    • der/dem Betroffenen einen ihren/seinen Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz in der Gemeinschaft – insbesondere im Arbeitsleben – zu sichern.

     

    Rehabilitative Leistungen in der Psychiatrie können nach Einzelbereichen in medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation unterteilt werden.

    Im Zentrum jeder Maßnahme der Rehabilitation und ihrer Planung steht der individuelle Unterstützungsbedarf der einzelnen Betroffenen.

    Einen Fachbeitrag zum Thema Stellenwert der Rehabilitation finden Sie hier.

  • Klassifikationsmodel zu Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit

    Bei der Einschätzung des individuellen Hilfebedarfes von Patientinnen und Patienten folgen wir dem, der von der Weltgesundheitsorganisation entwickelten Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF).

    Durch dieses Modell wird deutlich: Psychische Krankheit und psychische Behinderung sind nicht zwei unterschiedliche Zustände, die zeitlich aufeinander folgen, sondern Ebenen eines ineinander verschränkten dynamischen Prozesses.

    Die Auswirkungen und Folgen psychischer Erkrankung können auf dieser Basis als das Ergebnis von Wechselwirkungen und Rückkoppelungsprozessen zwischen drei Ebenen gesehen werden: psychische Funktionen, Aktivitäten und Partizipation. Zusätzlich werden sie noch von persönlichen und umweltbedingten Kontextfaktoren beeinflusst.

    Neben den funktionalen und seelischen Abläufen, die das ICF als Zeichen der Erkrankung beschreibt, wird somit auch die Fähigkeit der Betroffenen zu Aktivitäten, die für das Aufrechterhalten sozialer Funktionen erforderlich sind, beurteilt. Zum Beispiel die Qualität der Selbstversorgung, der Kommunikation oder Alltagsgestaltung. Zusätzlich wird berücksichtigt, welche Chancen den Betroffenen seitens der Gesellschaft eingeräumt werden. Zum Beispiel die Möglichkeit am sozialen Leben teilzunehmen.

    Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum die Ermittlung des individuellen Hilfebedarfs eine genaue Kenntnis der Person, der vorhandenen und beeinträchtigten psychischen Funktionen, der Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie des sozialen Umfelds mit seinen vielgestaltigen Wechselwirkungen verlangt: Bei schweren, durch psychische Erkrankungen bedingten Beeinträchtigungen handelt es sich um ein komplexes Geschehen.